Unser Immunsystem und die Darmflora
Unser Immunsystem und die Darmflora
In unserem Verdauungssystem finden nicht nur Nährstoff- und Vitaminaufnahme statt, sondern auch sehr komplexe Vorgänge der Infektionsabwehr, an denen im Darm lebende Bakterien beteiligt sind. Seit Neuerem werden auch Krankheiten und Stoffwechselstörungen wie z.B. Übergewicht, Nahrungsmittelallergien oder Darmerkrankungen mit dem Darmmilieu assoziiert. Schuld sei eine Dysbalance in der symbiotischen Darmflora, welche die Ansiedlung pathogener Mikroorganismen begünstige. Die Darmbakterien, die ca. 1 Kilogramm des Körpergewichtes ausmachen, beeinflussen durch ihre Metabolite unser gesamtes Verdauungs- und Immunsystem. Die Hauptaufgabe der Darmflora besteht in der Abwehr von pathogenen Mikroorganismen und dem Unterscheiden von harmlosen Nahrungsbestandteilen. Dazu agieren verschiedene Zellen in und um die Darmschleimhaut in komplexen Wechselbeziehungen miteinander, um einerseits Nahrungsbestandteile aufzunehmen und „gute“ Mikroorganismen zu identifizieren oder andererseits eine rasche Abwehrreaktion gegen potenzielle Infektionen und Zerstörung der Darmschleimhaut zu ermöglichen. Wie sensibel dieses System ist zeigt sich bei Laborversuchen mit Mäusen: So wiesen Tiere mit einem angeborenen Gendefekt an einem Rezeptor in den Darmepithelzellen eine veränderte Darmflora auf, was dazu führte, dass sie chronisch entzündliche Darmerkrankungen oder Übergewicht entwickelten. Durch die Entdeckung solcher Zusammenhänge könnte es bald möglich sein Krankheiten durch eine gezielte Veränderung der Bakterienvielfalt im Darm zu bekämpfen oder vorzubeugen. Unsere mikrobielle Darmflora ist ein sehr dynamisches System und unterliegt ständiger Beeinflussung durch z.B. Ernährung oder Antibiotika. Durch die Zufuhr von bestimmten Bakterien oder über den Verzehr von Präbiotika kann die Darmflora positiv beeinflusst werden.
Aus: Ernährung & Medizin 4/2015